Wie es dazu kam, dass ich angefangen habe,
dieses Kochbuch zu schreiben.
"Papa … ?"
Au weia! Was ist los?
Mirjam fährt mit ihrer Schulklasse in ein Landschulheim. Der Lehrer (gedankt sei ihm!) stellt den Schülerinnen und Schülern eine lebenspraktische Aufgabe: An jedem Tag des Aufenthalts im Landschulheim ist eine Schülerin/ein Schüler (oder zwei) für das Bekochen der Schulklasse zuständig. Im Aufgabenheft steht: Einkaufsliste und Rezept mitbringen. Achtung: Dreißig altersgemäß hungrige Personen müssen satt werden.
"Also, es soll etwas Besonderes sein, es soll gut schmecken, und es muss ganz leicht zu kochen sein!"
"Und Du musst es mir aufschreiben – aber so, dass ich's verstehe!"
Es war der Startschuss. Für alle meine Aktivitäten in puncto "Schreiben eines Kochbuchs". Wer hätte das gedacht?
Ich weiss noch, dass ich Mirjam "Bulgur mit Lauch und Karotten" vorgeschlagen und aufgeschrieben habe. Bulgur kannte zu der Zeit, um die es hier geht, kaum jemand. (Nur eingefleischte Reformhauskunden kannten damals schon das ernährungstechnische Äquivalent zum Bulgur: die Thermogrütze. Da die Thermogrütze aber stets zu Brei zerkocht wird, kommt niemand auf die Idee, dass Bulgur und Thermogrütze nicht nur beide aus Getreideschrot bestehen, sondern auch ähnlich hergestellt werden.) Lauch und Karotten sind einfach zuzubereiten, und wenn man zu Bulgur und Gemüse einen Stich Butter gibt, dann schmeckt das ganz prima. Naja, Salz und Pfeffer auch. Aber ich will jetzt hier ja kein Rezept schreiben … Ich habe Mirjam für ihr Landschulheim eine große Packung Bulgur aus dem Bioladen mitgegeben. Viel später habe ich entdeckt, dass es Bulgur in türkischen Geschäften sackweise zu kaufen gibt – so wie bei meinem Lieblingstürken, dem Sultan-Markt in Kiel. Mirjam hat berichtet, dass es der Schulklasse gut geschmeckt hätte, dass es niemand zuvor kannte, und dass sich die Mühen der Zubereitung tatsächlich in Grenzen gehalten hätten. Zusammengefasst: Für den angehenden Kochbuchschreiber ein ermutigender Anfangserfolg.
Nach der gelungenen Bulgur-Verkostung hat Mirjam leider keine weiteren Ambitionen am Herd mehr entwickelt. Schade!
Zu welchem Zweck also schreibe ich dann (nicht erst seit heute) eigentlich ein Kochbuch?
Vielleicht, weil da mehrere Interessen zusammenkommen: Ich schreibe gern, ich fotografiere gern, ich koche gern. Ich stecke ebenso gern Zeit und Energie in die Formatierung von Texten. Und nicht zuletzt hat mir die XML/XSLT/HTML/CSS/JS-Programmierung bei der Erstellung dieser elektronischen Version meines Kochbuchs viel Spass gemacht. Obwohl ich manchmal lieber über die damit verbundenen Schwierigkeiten gejault habe, als meine Begeisterung zu zeigen.
Auch die vielen, teilweise phantastischen food blogs, die es im Netz zu lesen gibt, waren selbstverständlich ein gewaltiger Ansporn für mich.
Was mich beim Aufschreiben von Rezepten beschäftigt.
Auf den ersten Blick scheinen Rezepte einfache Gebrauchstexte zu sein, die man "einfach so" herunterschreiben kann. Wenn man Rezepte schreibt oder schon viele geschrieben hat, dann dämmert es einem, dass es so einfach nicht ist. Ich versuche, in den folgenden beiden Abschnitten darzustellen, was mir durch den Kopf geht, wenn ich mich frage:
- Wie schreibe ich ein Rezept so auf, dass es leicht nachgekocht werden kann?
- Wie halte ich's mit der Genauigkeit?
Vom Aufschreiben zum Nachkochen
Damit ein Rezept leicht nachgekocht werden kann, sollte der Aufschrieb mindestens eine Zutatenliste und einen Anweisungsteil umfassen. Die Zutatenliste muss nicht weiter diskutiert werden; es ist der Anweisungsteil, der verständlich oder unverständlich sein kann und damit einen Einfluss darauf hat, ob ein Rezept nachgekocht wird oder nicht. Wie also den Anweisungsteil aufschreiben?
Eine einfache Antwort auf diese Frage könnte lauten: Naja, man muss sich nur selbst in der Küche beobachten und dann die eigenen Aktionen der Reihe nach beschreiben. Ich denke, da wird kein Schuh draus.
Zum einen: Es gibt viele Rezepte, die dazu einladen, beim Kochen mehrere Aktionen gleichzeitig voranzutreiben: Während die Zwiebeln in der Pfanne schwitzen, hacke ich schon 'mal den Thymian, der später an die Sauce kommt. Mal abgesehen davon, dass es in einem linearen Text sowieso schwierig ist, Gleichzeitigkeit zu beschreiben – ich frage mich, ob ich der besseren Nachkochbarkeit wegen aufschreiben sollte, welche Aktionen bei der Zubereitung gleichzeitig durchgeführt werden können oder sogar sollten.
Meine Überzeugung: Jeder Koch, jede Köchin hat eine persönliche Arbeitsweise, und das bedeutet, dass man selbst herausfinden muss, welcher Ablauf für die Zubereitung des jeweiligen Rezepts der "richtige" ist. Und das kann bedeuten, dass man dazu ein Rezept erst mehrmals ausprobieren muss. Ich selber mag es eher langsam: Nur zu oft habe ich in größter Eile am Herd gestanden und versucht, so viele Dinge wie möglich gleichzeitig zu machen. Die Resultate: Kreuzschmerzen und ein Essen, das nicht so gut gelungen ist, wie ich es mir gewünscht habe. Mein Vorbild: Der Fernsehkoch. Der hat ein Arsenal von adrett vorbereiteten Zutaten in kleinen oder großen Glasschüsseln vor sich stehen und rührt eine nach der anderen in die zuzubereitende Speise. Der high speed chef dagegen kocht schon, während er noch vorbereitet, und bereitet noch vor, während in der Pfanne schon das Schnitzel zischt. Jonglieren mit Messern, Zutaten, Töpfen, Deckeln und Schneidebrettern: Some like it fast! Und für diese Art von Koch ist der Fernsehkoch definitiv zu langsam. Also: Beim Aufschreiben eines Rezepts eine bestimmte Aktionsfolge anzugeben, scheint mir nicht besonders sinnvoll.
Zum anderen: Bei der Befolgung einer exakt schrittweise aufgeschriebenen Kochanleitung entsteht am Ende möglicherweise ein gelungenes Gericht, aber es wird einem wie ein Wunder vorkommen, dem man nur die Hände geliehen hat. Kochen quasi als Handlangerdienst für eine höhere kulinarische Intelligenz. Rezepte, die eine kleinteilige Schrittfolge beschreiben, verbergen die Idee hinter all den Details. Wenn das Waschen des Spinats in gleicher Weise erwähnt wird wie das Würzen mit Muskat, dann ist das unter einem kulinarischen Blickwinkel nicht angemessen. Deshalb mag ich allzu kleinteiliges Aufschreiben ganz und gar nicht.
Wie also vorgehen beim Schreiben?
Ich habe beobachtet, dass sich viele Rezepte leichter lesen lassen, wenn man sich vorstellt, dass in diesen Rezepten Zutaten zu Komponenten zusammengesetzt werden und dann die Komponenten zum gesamten Gericht. Selbstverständlich kann es sein, dass die Fertigstellung einer Komponente sehr lange dauert, z.B. wenn in die Zubereitung dieser Komponente das Marinieren von Fleisch oder Fisch eingeschlossen ist. In solchen Fällen sind offensichtlich parallele Aktivitäten gefragt, man muss dem Fleisch ja nicht beim Marinieren zuschauen. Für das Aufschreiben von Rezepten habe ich aus dieser Beobachtung die Konsequenz gezogen: Die Komponentenstruktur möchte ich herausarbeiten, Parallelarbeit erwähne ich nur für "große" Schritte. Ich hoffe, das mir das (fast) immer gelungen ist.
Rezepte und "Genauigkeit"
Nun also zur zweiten Frage: Wie hält man's mit der Genauigkeit?
Genauigkeit kann sich auf Zeiten, Temperaturen, Mengen und Zutaten beziehen. Zeiten und Temperaturen genau vorzugeben, halte ich für sehr schwierig: Gart man z.B. ein Steak nach dem Anbraten im Ofen, dann bestimmt sich die Kombination aus Garzeit und Temperatur ganz wesentlich nach der Dicke des Fleischstücks. Brät man eine Scheibe Leber in der Pfanne, dann ist die Leber am dünnen Ende der Scheibe vielleicht schon nach einer Minute durch, während sie am dicken Ende noch eine weitere Minute benötigt hätte. Beim Garen der Roten Bete in Alufolie im Ofen, wie ich es hier beschreibe, benötigt man für "kleine" Rote Bete ca. 1½ h, für "große" aber 2 h. Die Wahl der "richtigen" Garzeiten und Temperaturen hat also viel mit Erfahrung zu, man kann sie nicht "genau" aufschreiben. Genauigkeit im engeren Sinne des Wortes gibt es nicht.
Mengen: Bei der Zubereitung von Teigen aller Art (Hefeteig, Nudelteig, Quiche-Teig, Gnocchi-Teig) arbeite ich Gramm-genau. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Teige sonst nicht gelingen: Sie werden so klebrig, dass man sie nicht bearbeiten kann, oder sie sind so weich, dass man sie nicht gut formen kann, oder sie werden rissig beim Ausrollen. Bei allen anderen Zutaten sollen die Mengenangaben eher als Schätzwerte dienen. Und natürlich kann man bewusst für eine bestimmte Zutat ein andere als die angegebene Menge wählen, um z.B. den Geschmack dieser Zutat besonders hervorzuheben.
Nun also zur Genauigkeit bei den Zutaten. Meine Überzeugung: Es gibt Genauigkeit, und es gibt Übergenauigkeit. Fordert z.B. Johann Lafer in vielen Rezepten, dass "Kalahari-Salz" zu verwenden sei, dann ist das eine Übergenauigkeit, und zwar eine Übergenauigkeit, die kulinarisch bedeutungslos ist – außer vielleicht man isst das Salz pur. Was ja unter kulinarischen Gesichtspunkten eher nicht zu empfehlen ist. Bei solchen Angaben habe ich stets den Verdacht, dass sich der Rezeptautor in Szene setzen möchte ("Schau 'mal her: Ich schmecke in diesem Gericht mit seinen 20 Zutaten sogar noch die verwendete Salzsorte heraus!") und/oder dass es schlicht um's Geschäft geht: Der Hobbykoch, der sich keine Fehler vorwerfen lassen will, zückt ergeben den Geldbeutel und kauft 180 g Salz für 7,50 € (bei Amazon gesehen). Bekloppt!
Richtig ärgerlich sind solche Übergenauigkeiten, wenn der Leser durch sie verleitet wird zu glauben, nur mit einer solch übergenau spezifizierten Zutat könne das Rezept gelingen. Das ist natürlich Unsinn. Ich versuche, solche Angaben – möglichst immer – wie folgt zu lesen: Der Autor hat das Rezept mit nämlicher Zutat ausprobiert … und hurra! Es ist gelungen! Über andere Varianten weiss der Rezeptautor leider nichts. Aber ich gebe es gerne zu: Ich bin auch oft genug hinter Spezialprodukten hergerannt, weil ich geglaubt habe, dass es ohne die nicht geht.
Im Informatiker-Deutsch ausgedrückt: Wenn nichts anderes gesagt wird, sind Angaben in Rezepten zunächst einmal im Sinne der Open World Assumption zu lesen: So, wie es da aufgeschrieben ist, hat es schon einmal funktioniert. Über alles andere weiß man nichts. Das heisst aber nicht, dass es nicht genau so gut klappt.
Ein paar Gedanken zur Gestaltung der Rezeptseiten.
In meiner internen Zählung handelt es sich hier um die Version 4 meines Kochbuchs. Ursprünglich hatte ich geplant, auch diese Version auf der Basis des pdf-Dateiformats zu erstellen. Es sollte ein etwas forscheres Layout geben, und das DIN A4-Seitenformat sollte zwecks besserer Darstellung auf handelsüblichen Bildschirmen zugunsten eines 16:10-Seitenformats verlassen werden. Die Druckdarstellung hätte darunter nur unwesentlich gelitten.
Irgendwann habe ich gemerkt: Das ist kein wirklicher Fortschritt, es ist schlicht more of the same, auch wenn ich das neue Layout etwas aufgehübscht hätte. Nur eine komplett Web-basierte Lösung, d.h. also eine Lösung ohne pdf für die Seitendarstellung und ohne DTP-System für die Seitenerstellung, würde etwas wirklich Neues bringen.
Es hat wiederum eine gewisse Zeit gebraucht, bis ich begriffen habe, dass diese Entscheidung für eine Web-basierte Lösung nicht nur einen Haufen von technischen Problemen erzeugt (s.u.), sondern auch neue gestalterische Aufgaben stellt. Wenn ich letztere zusammenfassen sollte, würde ich etwa wie folgt formulieren:
Der Bildschirm ist dem Papier überlegen: Man kann mit dem Bildschirm per zoom oder scroll eine unendlich große Darstellungsfläche betrachten, eine Fläche, die sich nach links und nach rechts und nach oben und nach unten ins Unendliche erweitert, man kann diese Darstellungsfläche mit mehreren transparenten oder opaken Ebenen, die "übereinander" angeordnet werden, vervielfachen, und schließlich ist die Anzahl solcher Darstellungsflächen – anders als die Anzahl der Seiten in einem Buch – de facto nicht beschränkt. Fazit: Es macht keinen Sinn, eine Web-basierte Lösung zu erstellen, die von dieser Überlegenheit des Bildschirms keinen Gebrauch macht. (Nebenbemerkung: War das jetzt etwa ein Beitrag zum Thema "Medienkompetenz"? Ich finde, es könnte einer sein.)
Zwischenschritt: Bei den Papier-/pdf-Versionen meines Kochbuchs hatte ich mir eine feste Regel vorgegeben: Jedes Rezept inklusive Rezeptfoto muss auf eine DIN A4- bzw. 16:10-Seite passen. Sonst würde das "Einbauen" eines neuen Rezepts in das Kochbuch möglicherweise schwierig werden. Der Wermutstropfen dabei: Auf einer DIN A4-Seite bleibt nicht viel Platz für das Rezeptfoto, vor allem, wenn man Platz haben will, um Zutatenliste und Anweisungsteil typografisch gut gegeneinander abzugrenzen. Und kleine Bilder wurmen nicht nur den Fotografen, sondern auch den Rezeptautor, der doch weiss, dass nur Rezepte mit einer üppigen Bildausstattung eine gute Chance haben, nachgekocht zu werden.
Und nun?
Im Unterschied zur Papier-Welt steht in der Web-(HTML-)basierten Welt für die Darstellung eines Rezepts nicht nur die Fläche einer DIN A4-Seite zur Verfügung, sondern zum Glück eine unendlich große Fläche, auf der man Informationselemente ablegen kann. Diese Informationselemente kann die Nutzerin/der Betrachter durch scroll und zoom und/oder durch programmgesteuertes Verschieben dieser Informationselementen (z.B. ausgelöst durch Click) zur Ansicht bringen. Quintessenz: Dateiformat und Darstellungsfläche sind bei HTML voneinander entkoppelt!
Nach der Entscheidung für eine Web-basierte Lösung mit ihren unendlich großen Flächen gab es für mich zunächst einmal ein Hurra: Ich kann endlich die Rezeptfotos richtig groß machen! Und ich kann die ungeteilte Aufmerksamkeit der Leserin auf das Rezeptfoto richten, wenn ich es ohne Rezepttext präsentiere!
Allerdings wäre es ein falscher Ansatz gewesen, die Rezeptfotos schlicht bildschirmfüllend zu zeigen: Das hätte bedeutet, dass die Leserin schlussendlich genötigt wird, zwischen Text und Bild hin und her zu blättern. Das wäre mir zu dicht an einer denkbaren Papier-basierten Lösung gewesen. Lösung: Das Rezeptfoto zeige ich ziemlich groß, aber nicht bildschirmfüllend, und den Rezepttext parke ich außerhalb des sichtbaren Bereichs, oder ich falte ihn zusammen. Und erst bei Click zeige ich ihn. Und dabei darf der Text dann gerne das Rezeptfoto teilweise überlagern. Will sagen: Ich stelle einen Knopf zur Verfügung, mit dem die Leserin den Rezepttext sichtbar machen kann, wenn sie das Bild betrachtet hat. Der Zusammenhang zwischen Bild und Text bleibt erhalten.
Zusätzliche Idee: Das Sichtbar-Machen des Textes soll ein bisschen fancy sein, also: animation.
Wenn ich hier von "unendlich großen Flächen" rede, dann dämmert es Dir, liebe Leserin, dass ich mit dem Design-Dogma "Mobile first!" einige Schwierigkeiten hatte. Auf mobilen Geräten sind die Flächen aus meiner Perspektive unendlich klein, und das Herstellen eines Zusammenhangs zwischen einzelnen Informationselementen (also z.B. zwischen einem Bild und einem beschreibenden Text) kann nicht auf dem Bildschirm stattfinden – es passiert – glückliche Umstände vorausgesetzt – allenfalls im Kopf des Betrachters. Also habe ich mich zwar dem Thema responsive design gewidmet und habe eine "mobile Version" erzeugt, aber glücklich bin ich nicht, wenn Du, liebe Leserin, mein Kochbuch nur mit dem Smartphone und wohlmöglich nur im portrait mode betrachtest: Meine eigentliche Design-Idee kannst Du, liebe Leserin, vollumfänglich nur in der Desktop- oder auch in der Tablet-Version erkennen. Nähere Informationen zum Konzept des responsive design für dieses Rezeptbuch finden sich im Blog.
Zum Schluss und nur für Nerds:
Meine Software zur Erstellung des Kochbuchs.
Vor Beginn meiner Aktivitäten zur Erstellung einer "pure online"-Version meines Kochbuchs habe ich über zwei technische Alternativen nachgedacht: ein Kochbuch auf der Basis eines Wordpress theme oder ein Kochbuch auf der Basis einer Menge von statischen HTML-Seiten. Die Wordpress-Lösung hätte mehrere Vorteile gehabt: Ich hätte mich ausschließlich auf das Schreiben von Rezepten konzentrieren können; Navigation und Backend (Rezept-Editor und Site Management) wären mir in den Schoß gefallen. Warum dennoch die hier vorzustellende Lösung auf der Basis von statischen HTML-Seiten?
Beim Start meiner Aktivitäten wollte ich zum einen die in der Vorgängerversion vorhandenen Rezepte in das neue Kochbuch übernehmen, und zum anderen wollte ich durch die grundständige Programmierung von HTML-Seiten einige Webtechnologien praktisch kennenlernen.
Die Vorgängerversion des Kochbuchs baut auf elf FrameMaker(FM)-Dateien auf: eine FM-Datei je Kapitel des Kochbuchs. Die elf FM-Dateien enthielten insgesamt 128 Rezepte. Die am besten automatisierbare Möglichkeit, die in den FM-Dateien enthaltenen Rezepte in das neue Kochbuch zu übertragen, bestand darin, die vorhandenen Dateien aus dem FM-Format in ein XML-Format zu exportieren und dann daraus die Rezepte zu extrahieren. Eine Wordpress-Lösung hätte mich wahrscheinlich dazu genötigt, die FM-Texte händisch per copy-paste in irgendwelche Eingabemasken des jeweiligen theme zu übertragen … und dazu hatte ich keine Lust. Und zum Thema Webtechnologien hätte ich nichts dazugelernt.
In einem ersten Arbeitsschritt habe ich also die elf FM-Dateien in ein XML-Format exportiert. Dann habe ich aus jeder XML-Datei die darin enthaltenen Rezepte in separate Rezept-Dateien extrahiert. Gleichzeitig mit der Extraktion habe ich eine Schema-Konvertierung durchgeführt: Diese Konvertierung wandelt die darstellungsorientierte FM-Auszeichnung in eine von mir definierte inhaltsorientierte Auszeichnung um. Die Rezept-Dateien habe ich kapitelweise in separaten Unterverzeichnissen abgelegt. Das Resultat also: 128 Rezeptdateien in elf Unterverzeichnissen.
Damit war klar: Das "Urformat" für meine Rezeptaufschriebe ist das XML-Format;
das zugehörige Rezept-Schema ist in der Datei recipe.xsd enthalten,
und der target namespace heißt http://fruschtique.de/ns/recipe.
Das Verzeichnis, das die kapitelweisen
Unterverzeichnisse enthält, heißt recipe_xml, und die Namen
der Unterverzeichnisse sind nach dem Schema ## [chap]
gebildet, wobei "##" für die zweistellige Kapitelnummer und "[chap]"
für den Kapitelnamen steht. Beispiel: Das Rezept für die Zubereitung von
Artischocken steht in der Datei Artischocken.xml, diese Datei
steht im Unterverzeichnis 02 Vorspeisen, und dieses
Verzeichnis ist ein Unterverzeichnis von recipes_xml.
So, also, Luft holen! Wie gehe ich nun weiter vor, was fange ich mit meinen 128 Rezepten in meinen elf Unterverzeichnissen an?
Die Antwort: Ich musste einen recht komplexes Softwaresystem entwickeln, da insgesamt sechs Aufgaben zu lösen waren:
- Konvertierung der Rezepte vom xml- in das html-Format:
Die in den Unterverzeichnissen des Verzeichnisses
recipes_xmlenthaltenen Rezepte werden mit Hilfe des XSLT-Scriptsgen_pages-rcp.xslin das HTML-Format konvertiert. Die HTML-Dateien werden im Verzeichnisrecipesabgelegt; dieses Verzeichnis hat keine Unterverzeichnisse. Je Rezept wird eine HTML-Datei erzeugt. Der Dateiname wird aus dem Inhalt des XML-Elementsfr:recipeNameund der Dateinamenserweiterunghtmlgebildet. Der Dateiname der zugehörigen Bilddatei wird ebenfalls aus dem Inhalt des XML-Elementsfr:recipeNameerzeugt; die Dateinamenserweiterung istjpg. Zusätzlich erzeugt das Skriptgen_pages-rcp.xslauch die Deckblätter für die einzelnen Kapitel. Auch diese werden im Verzeichnisrecipesabgelegt. Die word clouds, die auf diesen Kapiteldeckblätter gezeigt werden, werden dynamisch im Browser von einem js-Script erzeugt (siehe diesen post im Making of); dieses Script benutzt eine Wortliste, die aus den Schlüsselwortlisten (fr:recipeKeywords) der im Kapitel enthaltenen Rezepte zusammengetragen wird. - Erzeugung des Inhaltsverzeichnisses:
Das Inhaltsverzeichnis besteht aus einer Seite je Kapitel des Kochbuchs.
Diese Seiten werden mit Hilfe des Skripts
gen_pages-index.xslaus der Struktur des Verzeichnissesrecipes_xmlabgeleitet. - Zuordnung von Rezepten zu Kategorien und Erstellung von
Kategorienseiten: Die Zuordnung von Rezepten zu Kategorien erfolgt über das
Eingabeformular
form-recipe2cat assignment.html, wobei eine zweistellige Versionsnummer angegeben werden kann. Die Eingabe wird wird im xml-Format abgespeichert, und dann werden daraus mit Hilfe des Skriptsgen_pages-cat.xsldie für das Kategoriensystem erforderlichen Seiten generiert. - Erstellung eines Zutaten-Index:
Das Skript
gen_pages-index.indexden Zutatenindex bzw. die entsprechende html-Dateiindex-ingdt.html. Dazu werden ebenfalls die schon oben erwähnten Schlüsselwortlisten genutzt. - Erstellung eines Rezept-Index:Das Skript
gen_pages-index.xslextrahiert aus den xml-Rezeptdateien den im jeweiligen Elementfr:recipeNameenthaltenen Rezeptnamen und erzeugt daraus den Rezept-Index bzw. die entsprechende html-Dateiindex-rcp.html. - Bereitstellungen von html-Formularen für die Bearbeitung von Rezepten:
Für jedes Rezept wird ein separates html-Formular erzeugt. Diese Formulare
werden gleichzeitig mit den html-Rezeptseiten durch das Skript
gen_pages-rcp.xslerzeugt. Die Formulare stehen im Verzeichnisforms; der Dateiname wird aus dem stringform-, dem Inhalt des XML-Elementsfr:recipeNameund der Dateinamenserweiterunghtmlgebildet.
Alle Aktivitäten zur Kochbucherstellung sind im
XSLT-Skript book-builder.xsl zusammengefasst. Damit werden auch die Dateien
about_me.html, about_cookbook.html, book-help.html,
book-blog.html, book-versions.html, book-impressum.html
und index.html erzeugt, die z.T. HTML-Code enthalten, der
"von Hand" programmiert ist.
Das Blockbild zeigt auch die "Rückkopplungsschleife", die dadurch entsteht, dass Rezepte (bzw. die Zuordnung von Rezepten zu Kategorien) über die erwähnten Formulare geändert oder sogar hinzugefügt werden können. Weitere Ausführungen dazu gibt es hier im Blog.
Zusätzlich zu den oben angesprochenen Dateien zeigt das Blockbild die
Verzeichnisse img (für die Rezeptbilder) und thumbs (für die Vorschaubilder). Rezeptbilder
und Vorschaubilder haben den gleichen Dateinamen wie die entsprechenden Rezepte. Dadurch können
Rezeptbilder und Vorschaubilder über den Rezeptnamen referenziert werden. Für
die Aufnahme eines Rezeptbildes in das Kochbuch es ist nicht erforderlich, eines
der o.a. Tools laufen zu lassen. Zur Aufnahme eines Vorschaubildes in das auf der Kategorienseite
gezeigte Karussel muss das Tool book-builder.xsl aktiviert werden.